Seit Montag ist Mama Fatima Singhateh, die Sonderberichterstatterin betreffend Kinderhandel und Kinderprostitution der Vereinten Nationen in Deutschland unterwegs, um sich über die aktuelle Situation sowie bestehende Entwicklungen im Zusammenhang mit der Prävention, Bekämpfung und Aufklärung sexualisierter Gewalt gegen Kinder zu informieren. Am 17. Oktober war das Projekt „Kinderschutz und Kinderrechte in der digitalen Welt“ der Stiftung Digitale Chancen neben weiteren Organisationen eingeladen in den gemeinsamen Austausch über positive wie negative Entwicklungen bezüglich der digitalen Dimensionen sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern einzutreten.
In den Beiträgen des Projektes wurde der Fokus auf die rechtliche Situation des einvernehmlichen Sextings junger Menschen sowie auf den Schutz ihrer persönlichen Integrität gelegt. So wurde über die Reform des Strafgesetzbuches bezüglich Kinderpornografie in diesem Sommer informiert und darauf verwiesen, dass die Rückstufung von einem Verbrechen zu einem Vergehen positiv zu bewerten sei. Hintergrund der Reform war die Absicht eine Möglichkeit zur Einstellung von Strafverfolgungsverfahren zu ermöglichen, wenn Menschen nicht aus pädokriminellen Gründen sondern zur Beweissicherung im Besitz entsprechenden Materials sind. In diesem Zusammenhang besteht nun auch die Möglichkeit Verfahren einzustellen, wenn junge Menschen einvernehmlich untereinander sexten. Gleichwohl wird dem Ansinnen der Vereinten Nationen, wie es in Absatz 118 der Allgemeinen Bemerkung Nr. 25 über die Rechte des Kindes in Bezug auf das digitalen Umfeld zum Ausdruck kommt, damit noch nicht genüge getan. Denn der UN-Kinderrechtsausschuss fordert die Vertragsstaaten dazu auf entsprechendes Verhalten nicht zu kriminalisieren. Die Stellungnahme der Stiftung Digitale Chancen zur Reform des Strafgesetzbuches kann hier nachvollzogen werden.
Darüber hinaus wurde Aufmerksamkeit für das Konzept der persönlichen Integrität geschaffen. Mit der Novellierung des Jugendschutzgesetzes im Jahr 2021 hat der Gesetzgeber dieses als neues Schutzziel für junge Menschen im digitalen Umfeld verankert. Einem sich im Expert*innenkreis für Kinderrechte in der digitalen Welt entwickelnden Verständnis folgend umfasst die persönliche Integrität den Schutz der physischen und psychischen Unversehrtheit eines Kindes sowie dessen persönlicher Daten. Um dies zu verwirklich gilt es insbesondere eine altersgerechte und zukunftsoffene Entwicklung sowie die informationelle und sexuelle Selbstbestimmung der Minderjährigen in digitalen Angeboten sicherzustellen. Dies bedeutet, dass das Ausnutzung von Unerfahrenheit und Jugend bspw. durch die Verleitung zu ungewollten Entscheidungen, die unzulässige Verarbeitung und Verbreitung von
Nutzendendaten oder auch wirtschaftliche Benachteiligungen durch glücksspielartige Gestaltungen mit dem Schutz der persönlichen Integrität nicht vereinbar sind. Bedeutsam ist das Konzept jedoch auch hinsichtlich der Anbahnung sexualisierter Gewalt online oder mit Blick auf sexuelle Übergriffe gegenüber Avataren. Die vollständige Stellungnahme der Stiftung Digitale Chancen zum Staatenbesuch der Sonderberichterstatterin kann hier eingesehen werden.
Zum Ende ihres Staatenbesuches in Deutschland wird ein erster Bericht der Sonderberichterstatterin betreffend Kinderhandel und Kinderprostitution der Vereinten Nationen gegenüber der Bundesrepublik erwartet. Zur 61. Sitzung des Menschenrechtsausschusses im März 2026 soll dann der abschließende Bericht vorliegen.