Allgemeine Bemerkung Nr. 25 (2021) - Kapitel V: Allgemeine Maßnahmen zur Umsetzung durch die Vertragsstaaten G - I

G. Verbreitung von Informationen, Sensibilisierung und Schulungen

  1. Die Vertragsstaaten sollen in Bezug auf die Rechte von Kindern im digitalen Umfeld Informationen verbreiten und Sensibilisierungs-Kampagnen durchführen. Diese sollten sich insbesondere an Akteur:innen richten, deren Handlungen direkt oder indirekt Auswirkungen auf Kinder haben. Die Staaten sollen Bildungsprogramme für Kinder, Eltern und Betreuende, die Allgemeinheit sowie politische Entscheidungsträger:innen fördern, um die Kenntnis der Kinderrechte in Bezug auf die mit digitalen Produkten und Diensten verbundenen Chancen und Risiken in diesen Personenkreisen zu verbessern. Derartige Programme sollen Informationen darüber vermitteln, wie Kinder von digitalen Produkten und Diensten profitieren und ihre Medienkompetenz weiterentwickeln können, wie man die Privatsphäre von Kindern schützt und verhindert, dass ihnen Schaden zugefügt wird, und woran man erkennt, dass einem Kind ein solcher Schaden online oder offline zugefügt wurde und wie man angemessen darauf reagiert. Solche Programme sollten sich auf die Forschung und auf Beteiligung von Kindern, Eltern und Betreuenden stützen.

  2. Fachkräften, die für und mit Kindern arbeiten, sowie dem Wirtschaftssektor, einschließlich der Technologiebranche, sollte in Schulungen vermittelt werden, wie das digitale Umfeld die Rechte des Kindes in vielfältigen Kontexten beeinflusst, wie Kinder ihre Rechte im digitalen Umfeld ausüben und wie sie auf Technologien zugreifen und diese nutzen. Darüber hinaus sollten diese Kreise auch in der Anwendung der internationalen Menschenrechtsstandards im digitalen Umfeld geschult werden. Die Vertragsstaaten sollen sicherstellen, dass für Fachkräfte auf allen Ebenen des Bildungswesens Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zum digitalen Umfeld angeboten werden, um den Aufbau ihres Wissens, ihrer Fähigkeiten und ihrer Praxis zu unterstützen.

  3. H. Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft

  4. Die Vertragsstaaten sollen die Zivilgesellschaft, darunter auch von Kindern selbst geleitete Gruppen und Nichtregierungsorganisationen, die im Bereich der Kinderrechte arbeiten, und solchen, die sich mit dem digitalen Umfeld befassen, systematisch in die Entwicklung, Umsetzung, Überwachung und Bewertung von Gesetzen, politischen Vorgaben, Plänen und Programmen in Bezug auf die Kinderrechte einbeziehen. Sie sollen darüber hinaus sicherstellen, dass zivilgesellschaftliche Organisationen ihre Aktivitäten zur Förderung und zum Schutz der Kinderrechte in Bezug auf das digitale Umfeld umsetzen können.

  5. I. Kinderrechte und der Wirtschaftssektor

  6. Der Wirtschaftssektor einschließlich nicht gewinnorientierter Organisationen wirkt sich durch die Bereitstellung von Dienstleistungen und Produkten im Zusammenhang mit dem digitalen Umfeld unmittelbar und mittelbar auf die Kinderrechte aus. Unternehmen sollen die Rechte von Kindern achten und Verstöße gegen diese Rechte im digitalen Umfeld verhindern und abstellen. Die Vertragsstaaten müssen gewährleisten, dass die Unternehmen dieser Verpflichtung nachkommen.

  7. Die Vertragsstaaten sollen mit geeigneten Maßnahmen einschließlich der Entwicklung, Überwachung, Umsetzung und Evaluierung von Gesetzen, politischen Vorgaben, Plänen und Programmen sicherstellen, dass Unternehmen ihrer Verpflichtung nachkommen, zu verhindern, dass ihre Netzwerke oder Online-Dienste in einer Weise genutzt werden können, die Verstöße gegen oder Missbrauch der Kinderrechte einschließlich ihres Rechts auf Privatsphäre und Schutz verursachen oder begünstigen, und Kindern, Eltern und Betreuenden rasche und wirksame Abhilfe ermöglichen. Sie sollen die Unternehmen zudem auffordern, Informationen zu veröffentlichen sowie zugängliche und zeitnahe Empfehlungen bereitzustellen, um sichere und sinnvolle digitale Aktivitäten von Kindern zu unterstützen.

  8. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, Kinder vor Verletzungen ihrer Rechte durch Wirtschaftsunternehmen zu schützen. Dies schließt ihr Recht auf Schutz vor Gewalt in jeder Form auch im digitalen Umfeld ein. Auch wenn Unternehmen nicht unmittelbar an schädigenden Handlungen beteiligt sind, können sie Verletzungen des Kinderrechts auf Gewaltfreiheit verursachen oder begünstigen, etwa durch die Gestaltung und den Betrieb digitaler Dienste. Die Vertragsstaaten sollen Gesetze und Vorschriften erlassen, überwachen und durchsetzen, die darauf abzielen, Verletzungen des Rechts auf Schutz vor Gewalt zu verhindern sowie Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem digitalen Umfeld zu ermitteln, aufzuklären und abzustellen.

  9. Die Vertragsstaaten sollen dem Wirtschaftssektor Sorgfaltspflichten (due diligence) in Bezug auf die Rechte von Kindern auferlegen. Dies gilt insbesondere für die Durchführung und Veröffentlichung von Kinderrechtefolgenabschätzungen (child rights impact assessments) unter konkreter Berücksichtigung der spezifischen und teilweise schwerwiegenden Auswirkungen des digitalen Umfelds auf Kinder. Sie sollen Kinderrechtsverletzungen durch Unternehmen mithilfe geeigneter Maßnahmen verhindern, überwachen, ermitteln und sanktionieren.

  10. Über einschlägige legislative und politische Maßnahmen hinaus sollen die Vertragsstaaten alle Unternehmen, deren Aktivitäten sich auf die Rechte von Kindern in Bezug auf das digitale Umfeld auswirken, dazu verpflichten, regulatorische Rahmenbedingungen, Verhaltenskodizes und Nutzungs- bzw. Geschäftsbedingungen zu implementieren und umzusetzen, die im Hinblick auf Design, Technik, Entwicklung, Betrieb, Vertrieb und Vermarktung ihrer Produkte und Dienste höchste Standards hinsichtlich Ethik, Datenschutz und Sicherheit erfüllen. Dies gilt auch für Unternehmen, deren Aktivitäten sich an Kinder richten, bei denen Kinder zu den Endnutzer:innen gehören oder die Kinder in anderer Weise betreffen. Sie sollen solche Unternehmen zu einem hohen Maß an Transparenz und Verantwortung verpflichten und ermutigen, bereits bei der Produktneu- und weiterentwicklung das Kindeswohl zu berücksichtigen. Darüber hinaus sollen die Staaten diese Unternehmen verpflichten, ihre Nutzungs- bzw. Geschäftsbedingungen in einer für Kinder altersgerechten bzw. für die Eltern und Betreuende sehr kleiner Kinder geeigneten Form zu erklären.

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