überarbeitete Version eines Plenumsvortrags auf dem 22. GMK-Forum, das vom 18.-20.11.2005 in Bielefeld zum Thema 'Globalisierung, Migration, Medien - neue Konzepte für Pädagogik und Bildung' stattfand. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors. Der Beitrag erscheint in der GMK-Schriftenreihe (2006).
Die Jugendunruhen in Frankreich im Herbst 2005 haben auch in Deutschland eine erneute Debatte um Migration und Integration aufkommen lassen. Professor Niesyto nimmt dies zum Ausgangspunkt seines Vortrags, die Unruhen verweisen nach seiner Ansicht auf den engen Zusammenhang von Bildung, gesellschaftlicher Teilhabe und sozialer Herkunft. In diesem Punkt gibt es auch in Deutschland Probleme, die anbrennen könnten, warnt Niesyto: "Es gibt auch in Deutschland Formen der Ghettobildung und es gibt den gefährlichen Kreislauf von mangelnden Sprachkompetenzen, zu wenig Bildung und Arbeitslosigkeit." Er sieht daraus folgend die Notwendigkeit umfassender Fördermaßnahmen auf verschiedenen Ebenen und einer stärkeren zielgruppenspezifischen Ausdifferenzierung pädagogischer Konzepte.
Professor Niesyto erläutert Grundverständnis und Ziele bisheriger Aktivitäten im Bereich der interkulturellen Bildung und Medienbildung. In diesem Zusammenhang greift er auch kritische Aspekte auf, die in Fachdiskussionen auftauchen. Dies betrifft vor allem die Frage, wie Kinder und Jugendliche aus sozial und bildungsmäßig benachteiligenden Milieus durch Angebote interkultureller Medienbildung erreicht werden können.
In einem dritten Teil stellt Niesyto ausgewählte Befunde und Beispiele aus interkulturellen Praxisforschungsprojekten vor und schließt konzeptionelle überlegungen zu einer subjektorientierten Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen aus Migrationskontexten an. Visuelle und audiovisuelle Kommunikationsmöglichkeiten bieten Chancen non-verbale Potentiale zu nutzen, die in der interkulturellen Pädagogik noch weit gehend ungenutzt sind. Zudem betont Niesyto, dass die interkulturelle Medienarbeit gerade für Kinder- und Jugendliche aus Migrationskontexten förderlich für Selbstbewusstsein und Erlebnisse von Selbstwirksamkeit sein kann.
Aus der dargelegten Bedeutung interkultureller Medienarbeit und Medienbildung leitet Niesyto Forderungen an die Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen in Sachen Medienkompetenz und an künftige Forschung ab und verweist darüber hinaus auf die Notwendigkeit einer 'Weitung der Perspektive' für Medienwissenschaft, Medienpolitik und Medienpädagogik, die über die bislang praktizierten Formen interkultureller Medienbildung hinausweist.
Prof. Dr. Horst Niesyto lehrt an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Medienpädagogik.
