Altersfeststellung darf nicht zu Ausschlüssen führen

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Der letzte Tag des Europäischen Dialogs zur Internetregulierung stand im Zeichen der Altersfeststellung. In der Hauptveranstaltung The Age Verification Dilemma: Balancing child protection and digital access rights diskutierten Tatiana Tropina von der Internet Society, Manon Baert von der 5Rights Foundation, Michael Terhörst von der Stelle zur Durchsetzung von Kinderrechten in digitalen Diensten und Iain Corby von der Age Verification Providers Association mit den interessierten Teilnehmenden der Veranstaltung.

In ihrem Eingangsstatement zeigte sich Tatiana Tropina besorgt darüber, dass verpflichtende Altersfeststellungen sowohl ein Risiko für die Privatsphäre als auch die Sicherheit der Nutzenden darstellen können. Dies bspw. dann, wenn böswillige Akteur*innen sensible Daten der Nutzenden missbrauchen, welche diese für die Identifizierung bei den Diensten nachweisen. Nicht weniger kritisch erachtete sie die Möglichkeit, dass bestimmte Gruppen von Nutzenden ausgeschlossen werden könnten, weil diese nicht über offizielle Dokumente für den Nachweis verfügen, Verfahren zur Ermittlung des Alters anhand biometrischer Daten ablehnen oder diese nicht durchführen könnten, weil nicht jedes Endgerät über eine integrierte Kamera verfüge. Ablehnend äußerte sie sich auch dahingehend, dass diese Mechanismen genützt würden, um Menschen Zugänge zu Inhalten und Angeboten zu verwehren und sorgte sich in diesem Zusammenhang, dass das Internet nicht länger inklusiv wäre. Alternativ regte sie daher an, dass Anbietende weiter in die Sicherheit ihrer Dienste investieren sollten. Dies könnte so auch Hinweise mittels Metadaten zur Verfügung stellen, welche Endgeräte vor bestimmten Inhalten oder Angeboten warnen. Nutzende hätten so die Möglichkeit darüber zu entscheiden, ob sie diese anwenden möchten bzw. könnten Einstellungen vornehmen, dass diese bereits durch das Gerät nicht angesteuert werden.

Auf die geäußerten Bedenken ging Iain Corby ein und verwies auf die Vielzahl bestehender Systeme zur Feststellung des Alters oder der Vermittlung eines Nachweises über das Alter bzw. einer Altersgruppe von Nutzenden. Dabei sei es mitnichten so, dass eine Identifizierung der Nutzenden stattfinden müsse. So gebe es Systeme, bei denen Nutzende gegenüber den Diensten vollständig anonym bleiben können, eine Identifizierung somit nicht stattfinde und der Dienst lediglich eine Antwort (Ja oder Nein) auf die Anfrage der Zuordnung zu einer Altersgruppe bzw. auf die Nachfrage, ob ein bestimmtes Alter erreicht wurde, erhalte. Die größte Herausforderung bei solcherart gesicherten und Privatsphäre schützenden Verfahren (zero-knowledge proof und double-blindness) stellten die dabei anfallenden Kosten dar. Vor diesem Hintergrund sehe er Regierungen in der Verantwortung entsprechende Lösungen in der Entwicklung sowie ggf. auch in der Durchführung zu fördern.

Als Schlüssel für sichere und kindgerechte digitalen Umgebung beschrieb Michael Terhörst Anwendung der Altersfeststellung. Als Regulierer sei es seine Aufgabe sicherzustellen, dass Anbietende Minderjährigen Voreinstellungen und Inhalte zur Verfügung stellen, die ihre Entwicklungen nicht beeinträchtigen. Das Wissen um das ungefähre Alter der Nutzenden sei dabei eine Voraussetzung, dass Anbietende diesen Anforderungen nachkommen können. In diesem Sinne seien Maßnahmen zur Prüfung oder Feststellung des Alters auch nichts als Maßnahmen zum Ausschluss von Nutzendengruppen, sondern vielmehr als Grundlage für die Ermöglichung einer sicheren Teilhabe am digitalen Umfeld zu verstehen. In diese Richtung argumentierte auch Manon Baert. Sie verwies darauf, dass das Internet nicht in dem Bewusstsein entwickelt wurde, dass Kinder dieses nutzen würden. Seit geraumer Zeit zeigten sich jedoch die negativen Auswirkungen und Implikationen dessen auf Minderjährige und bspw. ihr Wohlbefinden. Der Schutz vor bestehenden Risiken dürfe jedoch nicht zum Ausschluss von Kindern aus der digitalen Welt führen. Vielmehr gehe es darum ihnen eine sichere Teilhabe zu ermöglichen. Dafür stellen Anwendungen der Altersfeststellung eine zielführende Möglichkeit dar.

Auch in der sich anschließenden Debatte mit allen Teilnehmenden wurde deutlich, dass das Ziel einer sicheren Teilhabe junger Menschen am digitalen Umfeld angestrebt werden solle. Dabei müssen Bedenken um die Sicherheit und Privatsphäre der Nutzenden berücksichtigt werden. Es gilt Lösungen zu entwickeln, die unabhängig von bestimmten Diensten und Anwendungen sowie weltweit einsatzfähig sind. Einigkeit bestand auch darin, die Exklusion bestimmter Gruppen von Nutzenden auszuschließen.