Selbstermächtigung kann Kinder schützen

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Im King Abdulaziz International Conference Center in Riyadh, Saudi-Arabien liefen gestern noch die letzten Vorbereitungen, damit das Internet Governance Forum (IGF) 2024 reibungslos stattfinden kann. In traumhafter Umgebung werden die Teilnehmenden aus den Bereichen Politik und Regierung, Wissenschaft und Forschung, Wirtschaft sowie Zivilgesellschaft noch bis zum 19. Dezember zusammenkommen, um aktuelle Fragen der Gestaltung und Regulierung des digitalen Umfelds zu beraten.

Das Projekt „Kinderschutz und Kinderrechte in der digitalen Welt“ der Stiftung Digitale Chancen nimmt vor Ort an der Konferenz teil, um die deutsche Perspektive in Workshops und Veranstaltungen mit kinderrechtlichen Bezug einzubringen sowie Anregungen, Beispiele und Erfahrungen aus anderen Teilen der Welt zu reflektieren und zurück nach Deutschland zu transferieren. Ebenso ist das Projekt Teil des Gemeinschaftsstandes der Dynamic Coalitions und präsentiert Kinderrechte auf der Messe des IGF.

Auch, wenn das Internet Governance Forum offiziell erst morgen eröffnet werden wird und die Begrüßung der Vereinten Nationen sowie der saudisch-arabischen Gastgeber noch aussteht, fanden bereits heute ein paar Veranstaltungen statt. So hat das European Schoolnet unter dem Titel First Aid Online: Making the Difference for Children eingeladen um aus verschiedenen Ländern Europas über aktuelle Phänomene zu berichten, die Kinder in ihrer Sicherheit online gefährden. Für Child Focus Belgien informierte Niels Van Paemel schwerpunktmäßig über das Risiko der Weiterleitung selbsterstellten intimen Bildmaterials ohne Einverständnis an Dritte (NCII, Non Consensual Intimate Image Abuse). Dabei wies er daraufhin, dass nicht das Teilen entsprechenden Bildmaterials unter Kindern problematisch sei – solange dies im gegenseitigen Einvernehmen geschehe. Bricht jedoch eine der beiden Seiten das Vertrauen und teilt das Material mit weiteren Personen geht dies mit einer Vielzahl an Konflikten mit den Rechten und Interessen der Kinder einher. Insbesondere die Gewalterfahrung kann für Betroffene erhebliche Auswirkungen haben. Dies auch vor dem Hintergrund, dass kaum eine Kontrolle darüber besteht, wie weitreichend diese Abbildungen weitergeleitet werden. Zusätzliche Gefahren erwachsen in diesem Kontext auch durch Anwendungen künstlicher Intelligenz, die es ermöglichen intimes Bildmaterial zu erstellen ohne das entsprechende reale Abbildungen existieren.

Für das polnische Safer Internet Centre verwies Anna Rywczyńska darauf, dass der Umgang verschiedener Akteur*innen mit Phänomen des Cyberbullyings näher betrachtet werden müssen. So nehmen beispielsweise 44 Prozent der Kinder in Polen entsprechende Risiken im Internet wahr ohne selbst davon direkt betroffen zu sein. Über ein Drittel aller Betroffenen (38 Prozent) suchen keine Hilfe, weil sie sich aus unterschiedlichen Gründen nicht als Betroffene offenbaren möchten und fast jedes vierte Elternteil (23 Prozent) trägt durch das Teilen von Abbildungen eigener Kinder dazu bei Risiken für diese zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund erscheint es zielführend neben bisherigen Ansätzen zur Aufklärung und dem Schutz von Kindern verstärkt auch in die Aktivierung und Ermächtigung aller Beteiligten zu investieren. Eltern, die sensibler und bewusster mit den Informationen ihrer Kinder online umgehen und Zeug*innen von entsprechenden Übergriffen im digitalen Umfeld können wesentliche Beiträge dazu leisten die Sicherheit aller Kinder zu erhöhen. Und nicht zuletzt können solche Maßnahmen auch dazu beitragen, dass mehr Kinder sich an Einrichtungen wenden, die Unterstützung und Hilfe bieten statt mit ihren Sorgen allein zu bleiben.


Torsten Krause