(von links nach rechts) H.E. Mr. Sofiene Hemissi, Minister of Communication Technologies, Tunisia; Dr. Sarah Alfaisal, Member of the Human Rights Commission, Kingdom auf Saudi-Arabia; Mr. Eugene Kaspersky, CEO Kaspersky; Mr. Syed Munir Khasru, Chairman of the Institute for Policy, Advocacy and Governance; Ms. Deepali Liberhan, Global Director of Safety Policy, Meta; Prof. Muhammad Khurram Khan, King Saud University, Kingdom auf Saudi-Arabia; H.E. Mr Andrej Zarentin, Deputy Minister of Digital development, Communications and Mass Media, Russia; Moderator: Marleni Cuellar, CEO Great Belize Productions / Channel 5
Die hochrangige Sitzung zum Thema „Kinderrechte in der digitalen Welt“ ist auf YouTube verfügbar (57 min)
Mit nur fünf hochrangigen Sitzungen auf dem Internet Governance Forum der Vereinten Nationen, welches dieses Jahr in Riyadh, Saudi-Arabien, stattfindet, freuen wir uns, dass die Kinderrechte unter dem Thema „Förderung der Menschenrechte und der Inklusion im digitalen Zeitalter“ zum ersten Mal eine wichtige Rolle spielten. Am 17. Dezember diskutierten hochrangige Redner darüber, wie die Rechte von Kindern in der digitalen Welt geschützt werden können.
Da sich Kinder zunehmend in der digitalen Landschaft bewegen, ist die Gewährleistung ihrer Rechte und ihres Wohlergehens im Internet zu einer globalen Priorität geworden. Daher lag der Schwerpunkt der Debatte in dieser hochrangigen Sitzung herauszufinden, wie stabile Schutzmaßnahmen eingesetzt und gleichzeitig Kinder dazu befähigt werden können, die digitalen Möglichkeiten sicher zu nutzen.
Die Vertreter der Technologieunternehmen, Deepali Liberhan und Eugene Kaspersky, erläuterten ihre technologischen Ansätze für die Sicherheit von Kindern im Internet, betonten aber auch die Notwendigkeit menschlicher Intervention und Moderation, und Deepali Liberhan verwies auf Metas Rahmendokument zur Wahrung des Kindeswohls. Anschließend bezog sich Dr. Khasru auf die Einnahmen, die Plattformanbietende auch dadurch erzielen, dass Kinder aktive Nutzer ihrer Dienste sind, und forderte eine aktivere Rolle der Industrie ein. „Aufgrund der schnellen technologischen Innovation“, sagte er, “versuchen wir immer aufzuholen, und die Regulierung hinkt immer hinterher.“ Da seiner Meinung nach die Technologieunternehmen eine aktivere Rolle spielen müssen, schlug er vor, dass die UN die Regulierung verstärken sollte. Auch Prof. Khan forderte vorausschauende und proaktive Strategien anstelle von reaktiven Maßnahmen, wenn der Schaden für Kinder bereits eingetreten ist. Generative KI und weitere Entwicklungen im Bereich der Super-KI müssten richtig angegangen werden, was die Zusammenarbeit mit transnationalen Organisationen wie den UN, der ITU und den G 27 Staaten erfordere, sagte er. Darüber hinaus nannte er mehr Forschung über die Auswirkungen der sich entwickelnden Technologien als ein Desiderat.
Auf die Frage der Moderatorin, ob die schnelle Aneignung neuer Technologien durch Kinder auch eine Chance sei, waren sich die Diskussionsteilnehmer einig und betonten, dass die Rechte der Kinder eine Verpflichtung und keine Option seien. Während der tunesische Minister Sofiene Hemissi ausdrücklich die Rolle der zivilgesellschaftlichen Organisationen in einem Multistakeholder-Ansatz hervorhob, betonte Dr. Alfaysal, dass wir gemeinsam die Kraft haben, viel zu bewirken! Wir von derStiftung Digitale Chancen nehmen dies als Herausforderung und Auftrag, unsere Zusammenarbeit zu verstärken und uns auf dem Internet Governance Forum und darüber hinaus weiter für die Rechte der Kinder im digitalen Umfeld einzusetzen.
Auch abseits der großen Bühne des IGF-Plenums wurden die Rechte und Interessen von Kindern am 2. Konferenztag vielfältig diskutiert und beraten. So richtete Afrooz Kaviani Johnson von UNICEF im Workshop Safe Digital Space for Children den Blick auf vier Aspekte, die von besonderer Bedeutung sind, wenn es um den Schutz und die Sicherheit von Kindern in digitalen Umgebungen geht. Demnach gilt es alle Anbietenden digitaler Dienste in die Verantwortung zu nehmen und darauf zu verpflichten die Gestaltungen ihrer Angebote an den Kinderrechten (child rights by design) auszurichten. Mit einer Kinderrechtsfolgeabschätzung (CRIA, Child Rights Impact Assessment) könne geprüft werden, ob dies gelingt und an welchen Stellen Bedarf zur Nachbesserung besteht. Darüber hinaus sollten alle Staaten prüfen, ob und inwieweit ihre Gesetzgebungen mit den technischen Entwicklungen und daraus resultierenden Chancen und Risiken mithalten. Gegebenenfalls wären diese zu reformieren. Dabei sollte dann darauf geachtet werden, dass zukunftsoffene Ansätze gewählt werden. Des Weiteren empfiehlt UNICEF soziale Dienste, Hilfs- und Beratungsangebote sowie Strafverfolgungsbehörden mit den notwendigen Ressourcen auszustatten, damit diese jungen Menschen Begleitung und Unterstützung bei der Verarbeitung möglicher kritischer Momente und Gefahren bieten oder auch mittels strafrechtlicher Bearbeitung Wiedergutmachung leisten können. Nicht zuletzt sollten Eltern und (pädagogische) Fachkräfte gemeinsam darauf hinwirken, dass Tabus abgebaut und gesellschaftliche Diskussionen befördert werden. Damit würde ein wichtiger Beitrag geleistet, um es jungen Menschen zu erleichtern sich an die entsprechenden Unterstützungssysteme zu wenden. Die Staaten sollten dies durch Medienkompetenztrainings sowie Aufklärungsarbeit unterstützen.
Die Bedeutung der Bildung von Erwachsenen und Fachkräften zu digitalen und Medienthemen wurde auch im Workshop Navigating Online Safety for Children and Youth hervorgehoben. Dies sei eine wesentliche Grundlage damit diese als kompetente Ansprechpersonen Kinder und Jugendliche bei ihren Online-Erfahrungen begleiten können. Allein auf Mechanismen der elterliche Begleitung zu setzen, reiche nicht mehr aus. Viele Erwachsene seien einerseits mit der Vielfalt an Einstellungsmöglichkeiten sowie andererseits mehr der Vielzahl an zu begleitenden Apps ihrer Kinder überfordert. Der beabsichtige Schutzeffekt lasse sich so nicht realisieren. Umso wichtiger sei es verstärkt in Vorsorgeeinstellungen seitens der Anbieter zu investieren, um allen jungen Menschen eine sichere Teilhabe ermöglichen zu können. Dies sei auch angesichts der aktuellen Diskussionen um mögliche Verbote von sozialen Medien für Jugendliche unter 16 Jahren relevant. So war sich das Podium einig, dass diese nicht zielführend seien und mit Ansätzen, die das Kindeswohl in den Mittelpunkt der Angebotsgestaltung stellen bessere Resultate hinsichtlich des Schutzes sowie der Teilhabe von jungen Menschen im Internet erreicht werden könne.
Mit der Allgemeinen Bemerkung Nr.25 zu den Rechten der Kinder im digitalen Umfeld hat der Kinderrechteausschuss der Vereinten Nationen 2021 einen globalen Standard gesetzt, der wichtige Vorgaben und Hinweise gibt, wie alle Kinderrechte ausbalanciert und gleichermaßen in der digitalen Welt realisiert werden können.