Tag Null des Internet Governance Forum (IGF) 2025 begann mit einer Eröffnungsrede von Karianne Tung, Ministerin für Digitalisierung und öffentliche Verwaltung Norwegen, in der sie erklärte, dass die norwegische Regierung das IGF als einen wichtigen Teil der Vereinten Nationen für eine verantwortungsvolle, auf den Menschen ausgerichteten digitalen Entwicklung betrachte. Die Fragen, die in den folgenden fünf Tagen behandelt werden, betreffen „unser Leben und unsere gemeinsame Zukunft“, sagte sie und forderte, „eine digitale Welt zu schaffen, die für alle funktioniert“. Ihr Kollege Espen Barth Eide, Außenminister, nannte das Internet die „wichtigste Infrastruktur dieses Planeten“ und forderte, dass das Internet offen, sicher und inklusiv sein müsse, weil es für sich selbst und für alles andere wichtig sei. Er forderte auch weitere Anstrengungen zur Überwindung der digitalen Kluft, der Gefahr von Manipulation und Polarisierung und zur Bekämpfung von Sicherheitslücken. Schließlich plädierte er dafür, eine solide Multistakeholder-Beteiligung beizubehalten.
Dieser Ansatz wurde von Carol Roach, der Vorsitzenden der Multistakeholder-Beratungsgruppe für das IGF, unterstrichen, als sie dazu aufforderte, „nachzurechnen“. „Diejenigen, die wir als klein und weniger mächtig bezeichnen, sind zusammen mehr als 90 % der Stakeholder in der Welt“, sagte sie. „Wir würden die SDGs, den Global Digital Compact und weitere Rahmenwerke verpassen, wenn wir den Multistakeholder-Ansatz vernachlässigen.“
Aus Sicht der Kinderrechte sind diese Desiderate die perfekte Überleitung zu den weiteren Sitzungen des Tages. So fand am Nachmittag der erste Cluster-Workshop der Dynamischen Koalitionen zum Thema Innovation in der KI, dem Metaverse, Web 4.0 und anderen neu aufkommenden Technologien statt. Gemeinsam mit der DC für digitale Wirtschaft, der DC für sich entwickelnde Technologien, der DC für Journalismus, der Digital Teen Coalition und der Internet Standards, Security and Safety Coalition diskutierte die Dynamic Coalition für Kinderrechte im digitalen Umfeld (DC CRIDE) die Auswirkungen dieser Technologien auf die Menschenrechte und mögliche Risiken. In einem Dialog mit etwa 70 Teilnehmenden vor Ort und weiteren Onlineteilnehmenden wurden die Themen KI-Governance, Verantwortlichkeit von Plattformen und Entwicklern sowie politische Wege mit den oben genannten DCs diskutiert. Dabei wies Torsten Krause, der Vertreter der DC CRIDE, darauf hin, dass alle Technologien den Menschen dienen und dessen Rechte respektieren sollen. Um dies zu gewährleisten, empfahl er mit Blick darauf zu richten, dass ein Drittel aller Nutzenden des digitalen Umfelds weltweit unter 18 Jahre alt ist und damit als Kind im Sinne der UN-KRK gilt. Durch die Einführung eines Mechanismus zur Abschätzung der Folgen auf Kinderrechte könne die Balance zwischen den Schutz-, Förder- und Teilhaberechte gewahrt werden sowie eine Gestaltung von Angeboten gelingen, die Kindern und Jugendliche eine sichere Teilhabe ermöglichen.
In der nachfolgenden Session „Too young to Scroll? Age verification and Social Media Regulation“ im Rahmen des Global Youth Summit diskutierten die jungen Teilnehmenden Amina Ramallan und Laura Rego gemeinsam mit Brendan Dowling, Vertreter der australischen Regierung und Martin Ruby vom Meta-Konzern. Dabei betonten die Jugendlichen die Bedeutung von Angeboten der sozialen Medien für das Leben ihrer Generation und verwiesen darauf, dass 83 Prozent der Neun bis 17-Jährigen über einen entsprechenden Account verfügen. Sie warben dafür, junge Menschen und ihre Perspektiven bei der Regulierung des digitalen Umfelds einzubeziehen, da nur so ein sinnvoller Schutz gewährleistet werden könne. In seinen Beitrag wies der Vertreter Australiens daraufhin, dass die Restriktion, jungen Menschen bis zum Alter von 16 Jahren den Zugang zu Angeboten der sozialen Medien zu verwehren, nicht als Entscheidung gegen diese zu betrachten sei. Vielmehr seien diese Angebote kein Ort, der adäquat für Kinder sei. Auch war es aus der Sicht der australischen Regierung nicht erfolgreich mittels politischen Drucks auf die Anbietenden die notwendigen Anpassungen der Dienste herbeizuführen. Diese hätten im Gegenteil „ein frustrierendes Maß an Inaktivität“ gezeigt. Unstrittig war auf dem Panel und auch unter den mitdiskutierenden Teilnehmenden der Session, dass das Angebot der sozialen Medien sich weiter entwickeln müsste, um einen besseren Schutz junger Menschen zu gewährleisten. An dem Vorgehen Australiens wurde jedoch ebenso vielfach Kritik geäußert und bspw. dafür geworben, mehr Anstrengungen zu unternehmen, die Dienste zu regulieren, statt Kinder und Jugendliche in ihren Teilhabemöglichkeiten einzuschränken.
Am Ende des Tages stellte die Europäische Kommission ihr Vorgehen für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in den sozialen Medien vor. Zunächst leitete Karianne Tung die Debatte mit dem norwegischen Ansatz für die Sicherheit von Kindern im Internet ein. Sie wurde von Mari Velsand, der Generaldirektorin der norwegischen Medienbehörde (NMA), unterstützt. Anschließend verwies Fabrizia Benini, Referatsleiterin für das Internet der nächsten Generation (CNECT.E.3) bei der Europäische Kommission auf die Leitlinien gemäß DSA Art. 28 (4), die den Plattform- und Diensteanbietern eine Orientierung geben sollen, wie sie die Bestimmungen von Art. 28 DSA einhalten können, um ein hohes Maß an Privatsphäre, Sicherheit und Schutz von Minderjährigen zu gewährleisten. Zu ihrer offenen Konsultation für den Entwurf dieser Leitlinien hat die Europäische Kommission mehr als 300 Stellungnahmen erhalten, welche nun konsolidiert werden. Besonders im Fokus stehen dabei Instrumente der Altersfeststellung, aber auch Empfehlungssysteme und Suchfunktionen.
Die Veröffentlichung dieser Leitlinien sowie des vorläufigen Instruments der Europäischen Kommission zur Altersfeststellung wird mit Spannung erwartet und sich definitiv auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen nicht nur innerhalb der Europäischen Union, sondern auch darüber hinaus auswirken. Weitere Informationen zu diesem Thema werden im Sommer 2025 an dieser Stelle veröffentlicht.
Unseren heutigen Bericht vom IGF 2025 schließen wir mit den Worten von Ministerin Karianne Tung: „wir wünschen uns ein Internet, das offen, sicher und inklusive ist, ganz besonders für unsere Kinder.“